Anlässlich des 10-jährigen Namensjubiläums des BSZ „Otto Lilienthal“ Freital-Dippoldiswalde plante unsere Gruppe „Luftfahrttechnik“ des AC Pirna ein Fliegerlager auf dem ältesten Flugplatz der Welt, in Stölln.
Um es vorweg zu nehmen, es wurden für alle Beteiligten wettertechnisch sehr heiße und erlebnismäßig äußerst eindrucksvolle Tage.
Schon die Anreise am Samstag, den 28. Juli, war ungewöhnlich. Der AC Pirna war vorher zu Gast in Przylep. Rike, Luca, Uli und Jens verlagerten also direkt von Polen ins Havelland, hatten dabei aber 4 Flugzeuge mitzunehmen. Andreas und Uwe kamen schon am Freitag nach Polen um die ASK und den Puchacz zu verladen und am Samstag zu transportieren. Robert startete mit Familie und LS4 im Gepäck in Dresden, ein Team begann die Reise in Bannewitz, eines in Pirna und Harald kam aus Görlitz zu uns. Diese „Sternfahrt“ wurde von unserer Falkenbesatzung Max und Patrick aus der Luft „überwacht“.
Am frühen Abend hatten alle Stölln erreicht. Wir wurden von Tobias freundlich begrüßt, bezogen unsere Zimmer und bauten die Zelte auf. Nach einem gemeinsamen Abendbrot und den ersten Kennenlern-Bieren fühlten wir uns wie zu Hause.
Sonntagfrüh: Briefing in einer ungewohnt großen Runde. Kennenlernen der örtlichen Besonderheiten. Um in Stölln vom Hangar auf den Platz zu kommen muss ein Hügel überwunden werden – eine tägliche Herausforderung für jedes vierköpfige Flugzeug-Rausfahr-Team. Aufrüsten der Doppelsitzer bei Hitze – eine schweißtreibende Angelegenheit. Doch schließlich begannen die ersten Einweisungsflüge in Startrichtung 26. Uns zeigte sich eine ungewohnte Perspektive. Queranflug knapp über Bäume, im Endanflug erst fallendes, dann ansteigendes Gelände. Landung vorzugsweise auf einer Hügelkuppe, Lande-T eigentlich nicht zu erkennen. Alle 3 Fluglehrer, 9 Flugschüler und 4 Lizenzpiloten unseres Teams meisterten diese Situation, wobei auch mal ungewollt auf der Startbahn gelandet wurde. Doch genau dies kam während des Debriefings zur Sprache. Denn das Stöllner Debriefing zeichnet sich durch eine aus meiner Sicht sehr wertvolle Form des Sicherheitsmanagments aus. Jeder Flugbetriebsteilnehmer stellt den von ihm an diesem Tag begangenen Fehler vor, erläutert seine Entstehung, seine Auswirkungen und Möglichkeiten der Verhinderung. Auf diese Art und Weise wird man sich selbst seiner Fehler richtig bewusst und sensibilisiert alle anderen Akteure für entsprechende Gefahren.
Organisiert und betreut von Dr. Grimm trafen am Montag Herr Schramm mit Frau, Herr Thamm, Frau Wolf, Frau Punsch mit Mann und Frau Driesel bei uns ein. Diese aus Lehrern unseres BSZ bestehende Mannschaft kam zur Schulinternen Lehrerfortbildung ins Havelland. Ihr Ziel war das Kennenlernen der Ausbildungsinhalte unserer Spezialisierungsrichtung „Luftfahrttechnik“ sowie der ursprünglichen Entstehungsgeschichte der Luftfahrt – und das auf historischem Boden.
Bis Mittwoch besuchten Sie das Lilienthal-Centrum in Stölln, die legendäre IL-62 „Lady Agnes“, die Windharfe und die „Otto Lilienthal-Gedenkstelle“ auf dem Gollenberg. Beteiligt am gemeinsamen Abendbrot kamen unsere Lehrer schnell im Flugplatzleben an. Sie bekamen die Besonderheiten einer fliegerischen Ausbildung erklärt, aus Fluglehrersicht, aus Schülerperspektive und aus den Blickwinkeln gestandener Lizenzpiloten. Fliegeranekdoten und Erinnerungen an vergangene Schulzeit ließen die Zeit am Lagerfeuer schnell vergehen. Tagsüber trauten sich einige Lehrer in unsere ASK und genossen das Erlebnis eines Segelfluges. Die Piloten waren ehemalige Schüler, etwas ganz Besonderes für einen Lehrer. Einige Lehrer bevorzugten das Fliegen mit Max und Nico im Motorsegler, kurz „Busfahren“ genannt.
Auch unsere Schulleiterin zeigte Freude am Fliegen, sowohl im Segelflugzeug als auch im Motorsegler – Respekt.
Am Mittwoch gingen auch alle Flugschüler auf den Spuren Otto Lilienthals. Im Lilienthal Museum begrüßt vom Vorsitzenden des Otto Lilienthal Vereins, Herrn Schwerter, konnte Helmut Grimm alle Interessenten mit historischen Darlegungen in seinen Bann ziehen. Das Funktionsmodell von Otto Lilienthals Schrämmaschine, gebaut im Rahmen eines Projektes am BSZ Freital-Dippoldiswalde und 2015 an das Museum übergeben, wurde in Betrieb genommen. Fasziniert wurde auch Lilienthals Experimentierapparat für wissenschaftliche Untersuchungen zum Auftrieb in Funktion betrachtet. Die große Anzahl von Segelflugmodellen war beeindruckend. Der Film über Lilienthals Leben und Wirken schloss die Veranstaltung würdig ab. Doch danach ging es zur „Lady Agnes“, der von Heinz-Dieter Kallbach 1989 in Stölln gelandeten IL-62. Nach dem Film über die Vorbereitung und Durchführung der Landung wurde uns für ein Gruppenfoto gestattet auf die Tragfläche der Maschine zu steigen.
Am Donnerstagabend fanden wir uns wieder am Fuße der „Lady Agnes“ ein. Bei einigen Bechern Bier fachsimpelten wir mit dem Stellvertretenden Vorsitzenden des Lilienthalvereins, Herrn Dalmann und anderen Fliegerenthusiasten bis spät in die Nacht. Doch Marc erinnerte rechtzeitig, dass Flieger nur ausgeschlafen fliegen können.
Der Hitze an diesen Tagen zollten wir Tribut. Es gab Mittagspausen, die meist zum Baden in den umliegenden Seen genutzt wurden. Doch fliegen wollten alle. Also gab es Abendbrot am Start, geflogen wurde bis kurz vor Sonnenuntergang. Im Halbdunkel manövrierten wir unsere Segler über das Hügelchen vorm Hangar. Beim Debriefing war von der Sonne nichts mehr zu sehen.
Nach einer Woche voller fliegerischer Erlebnisse rüsteten wir am Freitag unsere Maschinen ab, säuberten sie und verstauten sie in den Hängern. Der Samstagvormittag war in Stölln von reger Betriebsamkeit geprägt. Die Vorbereitungen für den jährlichen Lilienthallauf waren in vollem Gange. In diesem Gewusel verabschiedeten wir uns von den Stöllner Fliegerfreunden und begaben uns auf die Heimreise. Nachmittags, alle Teams sind heil angekommen, galt es aufzurüsten und Ordnung herzustellen. Bei einer kleinen Eispause wurde noch einmal Kraft getankt. Doch um 18 Uhr war dann auch der Puchacz abgeladen. Merklich erschöpft, aber vollkommen zufrieden wurde das Fliegerlager beendet.
Unser Dank gilt Helmut Grimm für die Organisation der Lehrerfortbildung sowie Jule, Marc, Tobias, Johannes und allen anderen Stöllnern, die uns durch ihre fleißige Arbeit eine so erlebnisreiche und sorgenfreie Woche ermöglicht haben.
Wir würden uns freuen, wenn wir unsere Stöllner Fliegerfreunde im kommenden Sommer auf unserem Platz begrüßen können.
Jens Perl