Wenn du noch mehr lernen willst, dann gehe in die Ferne. Auf der Suche nach einem dafür geeigneten Flugplatz kamen wir auf Schweden. Weshalb gerade Schweden? Der Aufwand mit Segelflugzeugen zu reisen war uns vom Dänemarklehrgang vor zwei Jahren noch in Erinnerung. Kann man machen – braucht man aber nicht unbedingt. In Schweden bot sich für uns die Möglichkeit Segelflugzeuge für die Ausbildung zu chartern. Das dachten wir, bis unsere Landesdirektion mit der Forderung nach Halterschaftsverträgen für Ausbildungsflugzeuge um die Ecke kam. Die Grundlage dafür nicht aufzeigbar, die Begründung Unfug, der Inhalt juristisch umstritten – also alles typisch für unsere Flugverhinderungslandesdirektion.
Doch davon ließen wir uns nicht abschrecken. Jens Timesky genannt Thieme zeichnete für die Auswahl und Organisation der Fähre verantwortlich. Kurz entschlossen buchte Jens für unsere drei Flugzeuge die Fähre nach. Einen Teil der Mehrkosten übernahm unser Spendenkonto „Luftfahrttechnik“.
So starteten mittags am 08. Juli 16 Schüler, Lehrer und Lizenzpiloten zum Flugplatz Falköping – ESGK. Das erste Etappenziel, den Fährhafen in Rostock, erreichten wir zum Spätnachmittag und nutzten die verbleibende Zeit um den Warnemünder Strand und dänisches Eis zu genießen. Um 23:30 Uhr war unser Tross auf der Fähre verstaut und schwamm Richtung Trelleborg. Unsere Fahrer und Lehrer schliefen in Kabinen, alle anderen suchten sich in Restaurants irgendwelche Schlafmöglichkeiten. Dafür wurden sie mit einem herrlichen Sonnenaufgang belohnt. Die dritte Etappe führte uns über ungefähr 400km mit ganz entspannter Geschwindigkeit über schwedische Straßen. Nachmittags erreichten wir unser Ziel, den Flugplatz Falköping.
Dort angekommen rüsteten wir unsere ASK sofort auf. Piotr, unser Verbindungsmann in Schweden, landete mit seiner Foka 4 und entführte sofort unsere Lehrer für Einweisungsflüge mit der schwedischen ASK. Unsere Windenfahrer hatten die Ehre sich mit der Dieselwinde der Schweden vertraut zu machen. Der Rest der Truppe bezog Quartier auf dem Campingplatz „Mösseberg“, der circa 10 Minuten vom Flugplatz entfernt lag. Vielen Dank an Andreas. Er hat uns mit dem Bungalow für die ältere Generation und der „Zeltburg“ für die Jüngeren eine hervorragende Unterkunft organisiert.
Ab diesem Zeitpunkt sind wir dann, außer an 2 Tage wegen schlechten Wetters, jeden Tag geflogen und konnten die schwedische Landschaft genießen. Das eine oder andere Mal gab es auch Thermik, worüber sich vor allem unsere LS4-Piloten freuen konnten. Alrik nahm jeden Tag mit seinem Nimbus zwei Mann mit auf einen Streckenflug. Ein kleiner Höhepunkt für viele von uns. Danke Alrik. Ein besonders starkes Team waren unsere Windenfahrer Oskar und Andreas. In Falköping wurde die Winde normalerweise dreimal im Jahr aufgetankt. Während unserer acht Flugbetriebstage mussten wir zweimal tanken. Bengt, eine schwedische Fliegerlegende und unser deutschsprechender Betreuer auf dem Flugplatz, staunte nicht schlecht. Kein Wunder, denn 204 Starts innerhalb weniger Tage waren nach schwedischem Maßstab nicht alltäglich.
In der Nacht zum Montag feierte die Jugend in Marvins 18. Geburtstag hinein. Trotzdem waren alle am Folgetag flugbereit. Zum Frühstück gab es für ihn eine echte schwedische Torte – sehr süß, aber schmackhaft.
Der Mittwoch begrüßte uns mit Regen. An Fliegen war nicht zu denken. Also setzten wir uns mit den Flugschülern zusammen, sprachen Zielstellungen ab und klärten im Flugspiel die Besonderheiten beim Fliegen des jeweiligen Ausbildungsstandes. Auf dem Alleberg – wir waren schon über ihm geflogen – gibt es ein Segelflugmuseum. So wandelten wir nachmittags auf den Spuren der schwedischen, dänischen, norwegischen und deutschen Flugpioniere. Viele uns bekannte und auch noch nicht bekannte Oldtimer waren zu sehen, viele Details galt es zu entdecken. Auf Piotr`s Tip hin besuchten wir seinen Freund Petr, einen Norweger. Petr baut für die örtliche Flugschule auf dem Alleberg interessante Fluggeräte für die Ausbildung und zeigte uns einen Teil seiner historischen Sammlung. Natürlich erkannten wir alle u.a. die Bociane wieder. Eine Werkstatt, in der sich unser Gerd Rossow wohlgefühlt hätte.
Dann ging es mit dem Fliegen weiter. Das Wetter hatte sich geändert. Bezeichnend war die Windstärke. Wir hatten es mit Böen von bis zu 30kt zu tun, manchmal auf der Bahn, manchmal auch bis 45° von der Seite. Die Begriffe Wind, Querwind und Gegenwind wurden mit Leben erfüllt. Also das richtige Wetter um Starten und Landen zu üben. Dass dies etwas brachte, stellte Oskar am 28. Juli unter Beweis, als er bei widrigen Wetterbedingungen in Görlitz erfolgreich seine Lizenzprüfung absolvierte. Zweimal schafften wir an der Winde eine Auskuppelhöhe von 700 Metern. Phantastisch! So sammelten einige Piloten das WeGlide Badges „Winden-Assistent“ (Steige mehr als 600m mit einem Windenstart). Die Badges „Nomade (starte von 2 unterschiedlichen Flugplätzen) und „Tourist“ (Fliege in 2 unterschiedlichen Ländern) hatten wir ja so nebenbei schon einkassiert. Mit Durchsetzungskraft verteidigten unsere Startschreiberinnen Johanna und Rosalie ihren Handwagen, auch SKP – Start-und Kontrollpunkt genannt. Mit stoischer Gelassenheit kümmerten sie sich um das Füttern des Laptops mit den Startdaten. Oftmals landeten wir direkt neben der Startbahn und kamen meist an der Startstelle zum Stehen. Wenn nicht, so kam unser Rückholteam zum Einsatz. Laurens, die beiden Floriane, Paul, Marvin und Dominik nutzten dabei die beiden rot-gelben Fahrzeuge. Im Flugfunk waren sie dann immer zu hören mit: „Falköping, vehicle cross runway.“
Am Freitag wurden wir von den schwedischen Vereinsmitgliedern zum Grillen eingeladen. Die Frauen tafelten viele interessant schmeckende Salate auf, die Männer zauberten am Grill. Einfach köstlich. Fluglehrer Nico hielt aus dem Stand heraus eine Dankesrede in Englisch. Es war schön zu erleben, wie er charmant und gestenreich die Anwesenden in seinen Bann zog. Wir übergaben unsere Gastgeschenke, ein Räucherhaus aus Sandstein und einen Korb mit sächsischen Leckereien. Letzterer war am Ende tatsächlich leer. Dank Dominik, der diese Geschenke besorgt hatte, konnten wir auch unsere eigens für diesen Lehrgang gestalteten T-Shirts austeilen und somit ein schwedisch-deutsches Gruppenfoto machen.
Unser vorletzter Tag war wieder von Regen geprägt. Der Großteil der Mannschaft machte sich deshalb auf den Weg nach Göteborg. Ein Stop am Museum der schwedischen Luftwaffe gab uns einen Einblick in deren Geschichte und überzeugte uns vom Nationalstolz der Schweden. Nach einer selbst gestalteten Stadtrundfahrt und einem Snack im Toscana besuchten wir den Stadtteil Haga. Ein besonderes Erlebnis war das Lakritzeis – als hätte man eine ganze Tüte Lakritz auf einmal gegessen.
Die Stimmung der Mannschaft war trotz kaltem Wetter sehr gut. Einen gravierenden Anteil daran hatte unser Hobbykoch Peter. Er jonglierte mit einem Küchenteam unermüdlich jeden Tag ein reines Festessen auf die Tische. Auch vom Regen ließ er sich nicht abhalten im Kessel am Dreibein Pörkölt zu zaubern. Zweimal wurde der Grill ordentlich vorbereitet. Nach Peters Anweisung: „Jeder grillt selbst, was er essen möchte“, war am Grill das Gedränge groß. Zum Frühstück gab es nicht nur süßes Toastbrot. Jens und Oskar fanden einen Bäcker, bei dem wir täglich echte frische Brötchen kaufen konnten. Tagsüber stand auf Peters gesundheitsbewusstes Geheiß eine Riesentasche mit Obst, hauptsächlich Bananen, für jeden bereit. Wie die Verpflegung, so die Stimmung. Peter, für deine Leistung – Respekt und Danke!
Am 19. Juli ging es dann wieder in Richtung Trelleborg. Es blieb noch etwas Zeit bis zur Fähre. So ging es an den Ostseestrand und in die See zum Baden. Der Pizzabäcker in Trelleborg machte mit unserer Abendversorgung das Geschäft seines Lebens. Den Parcour an der Fähre meisterten wir grandios, schließlich waren wir inzwischen Experten, zumindest, was die Fähre anbelangt. Mehr oder weniger gut ausgeschlafen konnten wir am Morgen unsere Motoren zur letzten Etappe starten. Mit zwei Pausen und ohne Zwischenfälle kamen wir dank unserer Kraftfahrer Vincent, Oskar, Nico, Andreas und Jens nachmittags zu Hause an. Das Aufrüsten der ASK war ein Kinderspiel, das Entladen aller Fahrzeuge dagegen weniger.
Insgesamt hatten wir anstrengende, aber erlebnisreiche Tage hinter uns. Die Erinnerungen werden uns noch lange begleiten.
VG Jens Perl